Nein, es ist keine Diktatur, aber. . .

In den letzten Monaten, vor allem nach der Diskussion über eine mögliche Impfpflicht und die Einschränkung der Grundrechte für nicht geimpfte Bundesbürger, häufen sich im Netz die Behauptungen, wir würden in einer Diktatur leben und das Netz würde einer Zensur unterworfen werden. Ich kann mir das nicht länger einfach so anhören, denn ich habe selten so viele Menschen frei darüber reden hören, dass sie sich in einer Diktatur befinden, welche schon allein auf Grund dessen, dass sie eine Diktatur ist, solche Meinungsäußerungen nicht ungestraft zulassen würde. Eine Diktatur entsteht halt nicht dadurch, dass einem jemand diktiert, was man darf und was man nicht darf. Denn das ist auch in einer Demokratie immer der Fall gewesen, der entscheidende Unterschied ist halt schon ein wenig differenzierter.


Was ist eine Diktatur?

Die Bundeszentrale für politische Bildung – wem die Quelle nicht seriös genug ist, möge andere Quellen heranziehen oder mal in sein altes Geschichtsbuch gucken – hat eine schöne und passende Definition für eine Diktatur auf Ihrer Internetseite veröffentlich. Einses der wichtigsten Kennzeichen einer Diktatur ist die Alleinherschaft, eine Partei, eine Gruppe oder eine Person herrschen mit absoluter Macht und Entscheidungsgewalt über ihre Untergebenen. Zugegeben bei vielen der momentanen Sonderermächtigungen und der fehlenden Beteiligung des Parlaments, kann man an der einen oder anderen Stelle schon das Gefühl bekommen, dass die Damen und Herren in Berlin derzeit schlicht machen, was sie wollen, aber in einer Repräsentativen Demokratie, wie der unseren in der wir die Politiker für 4 Jahren mit umfangreichen Rechten ausstatten, ist das nicht neu, sondern eher schon „immer“ so gewesen.

Zu einer Diktatur gehört aber auch eine fehlende Gewaltenteilung, es gibt keine freie Gerichtsbarkeit, keine Möglichkeit sich sein Recht gerichtlich zu erstreiten, denn es gibt schlicht schon gar nicht das Recht seinen Diktator zu verklagen. Auch die Polizeit ist in einer Diktatur kein eigenständiger Apparat, häufig untersteht sie sogar eher noch dem Militär bzw. übernimmt das Militär polizeiliche Aufgaben. Auch das ist in unserem Land derzeit nicht der Fall, wir haben noch eine eigenständige Polizei und die Gerichte sind auch noch mit vielen Klagen beschäftigt, die sich rund um das Thema Corona, aber auch um andere Themen kümmern. Klagen gegen Bauvorhaben des Staates zum Beispiel, was in einer Diktatur schon schwierig wäre. Immer wieder haben Gerichte in den letzten Monaten auch gegen die Entscheidungen der Politik entschieden und bestimmte Entscheidungen wieder gekippt. In einer Diktatur undenkbar!

Noch ein Kennzeichen einer Diktatur ist in der Regel Gewalt gegen Regimegegner und damit ist nicht das „gewaltsame auflösen einer Sitzblockade“ auf einer Demonstration gemeint, bei der die Polizei Wasserwerfer einsetzt und die Demonstranten wegträgt oder unter Einsatz von körperlichen Maßnahmen gewaltsam entfernt. In einer Dikatur würde es schon bei der Zulassung einer Demonstration problematisch werden. Häufig werden schon im Vorfeld die Redensführer gewaltsam beseitigt, weggesperrt, geschlagen oder ggf. sogar umgebracht und das von staatlicher Seite aus. Schaut man sich an, mit welchen Mitteln in tatsächlichen Diktaturen Demonstrationen aufgelöst werden, dann sieht man Personen, die verschwinden, die Polizei verprügelt die Teilnehmer, macht von der Schusswaffe gebrauch und nicht selten kommt es zu Schwerstverletzen oder Toten. In der staatlichen Presse wird häufig gar nicht über solche Demonstrationen berichtet.

Die Pressefreiheit in einer Diktatur ist auch ein spannendes Thema, es mag ja sein, dass einem die momentane Presseberichterstattung der öffentlich rechtlichen Medien nicht gefällt, aber es gibt sie und es gibt reichlich Zeitungen in unserem Land, die ebenfalls frei berichten und auch klar gegen die Maßnahmen der Regierung Stellung beziehen. Stürzt man sich natürlich nur auf die großen, häufig werbefinanzierten und damit wirtschaflich abhängigen Zeitungen, wird man immer Berichte finden, die einem nicht zusagen. Es stünde jedoch jedem Bundesbürger frei sich mit anderen zusammenzutun und eine eigene Zeitung zu gründen, selbst zu recherchieren und seine Meinung offen zu verbreiten und das nennt man Pressefreiheit.

Und zu guter letzt ein weiteres, wichtiges Merkmal einer Diktatur, es gibt keine freien Wahlen, manchmal gibt es den Anschein einer freien Wahl, bei der man dann nur eine Partei wählen kann oder die „Opposition“ aus Parteien, die dem Regime nur dem Anschein nach eine Opposition bieten würden. Politische Gegner werden mundtot gemacht, weggesperrt, getötet, ihre Vermögen staatlich beschlagnahmt, neu Parteigründungen unterbunden, etc. Der Fall Alexej Nawalny in Russland zeigt ziemlich gut, was Diktaturen mit Menschen machen, die sie angreifen und gefährlich werden könnten. In unserem Land mag einem die politische Landschaft nicht gefallen, die etablierten Parteien einem nicht mehr das Gefühl geben sie würden einen noch vertreten, aber es gibt Wahlen, es gibt die Möglichkeit eine neue Partei zu gründen und sich zur Wahl zu stellen. Die Grünen in den 80ern, die Linke in den 90er/2000ern, die AfD in den 2000ern, sind Parteien, die sich aus der Unzufriedenheit, dem Wechselwillen, dem Engagement für eine Idee, Ideologie oder auch der Notwendigkeit der Veränderung gegründet haben und heute Teil der politischen Landschaft sind. Es mag dem einen oder anderen nicht gefallen, aber sie sind da und alle drei Beispiele haben eines gemeinsam, sie waren den Regierenden Parteien immer ein Dorn im Auge. Doch niemand hat ihre Parteiführer oder ihre Gründungsmitglieder noch vor Parteigründung in Beugehaft genommen, sie körperlich misshandelt, ihnen oder ihren Familien gedroht.
Auch jetzt noch hat man die Möglichtkeit beim Bundeswahlleiter eine neue Partei anzumelden und sich zur Wahl zustellen und das geht noch bis zu drei Monaten vor der kommenden Bundestagswahl!


Was ist eine Demokratie?

Nun, so ziemlich das genaue Gegenteil von dem, was eine Diktatur ausmacht, es herrscht Gewaltenteilung, das Recht seine Meinung zu äußern (nicht das Recht darauf, dass diese Meinung auch von einem Unternehmen verbreitet wird!!), Pressefreiheit und vor allem gibt es ein Parteiensystem und Wahlen.

Im Grundgesetz der Bundesrepublik steht: „Alle Macht geht vom Volke aus […]“ (Artikel 20; Absatz 2 GG)

Wie genau eine Demokratie nun ausgelebt wird, liegt an der politischen Landschaft in der sie einst gegründet wurde, in manchen Ländern gibt es deutlich mehr Volksbeteiligung durch Volksentscheide, in anderen sind die gewählten Vertreter während ihrer Legilaturperiode mehr oder weniger mächtig. In Deutschland kann die Bundeskanzlerin nur in begrenzem Maße Einfluss auf die Bundesländer nehmen, in Amerika kann der Präsident über Erlasse viele Dinge vollkommen allein entscheiden, so lange er Präsident ist, wie Donald Trump eindrucksvoll bewiesen hat.


Was viele mit Demokratie zu verwechseln scheinen ist Anarchie.

Anarchie kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Gesetzlosigkeit oder Herrschaftslosigkeit. In ihrer Idealform würde eine Anarchie also die größtmögliche Freiheit bieten. Es gibt keine Herrschaft, niemanden, der einem sagt, was man tun oder lassen soll, man muss keine Kompromisse eingehen und sich nicht dem Willen der Gemeinschaft oder eines Diktators unterwerfen.

Doch in der Relalität beudetet Anarchie immer das Recht des Stärkeren und die Unterdrückung der Schwächeren und ist keine erstrebenswerte Lebensform, denn Anarchien führen auf kurz oder lang zu Diktaturen, wie man in der Geschichte sehen kann. Bei politischen Umbrüchen kommt es häufig zu einer Phase der Anarachie, in dieser Phase entscheidet sich, wie der Umbruch weitergeht und in vielen Fällen kommt es danach zu Militärherschaften, die einer Diktatur gleichen, denn das Militär hat die Waffen und somit die Gewaltenhoheit. Nur selten führen diese Regime im Anschluss eine echte Demokratie ein.


„Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen. . . „

„. . . mit Ausnahme aller, die wir schon versucht haben.“ Dieses Zitat des Demokraten Winston Churchill sagt viel über die Stärken und auch Schwächen der Demokratie aus und beinhaltet gleichzeitig die Forderung nicht stehenzubleiben, sondern Demokratie weiterzuentwickeln.

Wenn ich mir die momentanen Beiträge mit dem Thema „wir leben in Deutschland in einer Diktatur“ durchlese, dann lese ich viel Enttäuschung, viel Wut, viel Unverständnis, viel Politikverdrossenheit und leider auch viel fehlendes Demokratieverständnis. Demokratie ist halt nicht die Macht des Einzelnen, es ist halt nicht „die da oben machen was ICH will.“ Demokratie ist die Hoffnung, dass die Mehrheit klüger und besonnener ist, als der Einzelne. Die Stärke der Demokratie ist, dass sie weniger impulsiv reagiert, als ein einzelner Diktator, kontrollierter und nicht so emotional. Schaut man sich an aus welchen Gründen und mit welchen Hintergründen in Europa jahrhundertelang immer wieder Kriege angezettelt wurden, zeigt sich auch, dass diese Hoffnung in der Demokratie nicht ganz unbegründet war, denn seitdem sich diese Staatsform bei uns und all unseren Nachbarn durchgesetzt hat, haben wir doch schon relativ lange eine Phase des Friedens in Europa. Man sollte vielleicht nicht vergessen aus welchem Zeitgeist heraus die Demokratie entwickelt und verändert wurde.

Nun herrscht in unserem Land schon seit Jahrzehnten eine gewisse Politikverdrossenheit, die sich in sinkenden Wahlbeteiligungen und dem Wählen von immer wieder gleichen Machtstrukturen zeigt. Das Volk hat das Interesse an der Demokratie verloren, es gestaltet nicht mehr mit, sondern wählt lieber nach dem Motto „besser es bleibt wie es ist, dann kann es wenigstens nicht schlimmer werden.“ Ein paar Jahre ging das auch gut, es passierte ja aber auch nichts wirklich entscheidendes mehr, man lebte halt so vor sich hin. Das die Politik längst zu einer verlängerten Hand der Industrie geworden ist, das die Abgabe von nationaler oder gar regionaler Entscheidungsgewalt an die EU und die Vernetzungen von Wirtschaft und Politik immer stärker zu Lasten der normalen Bevölkerung gingen, wurde hingenommen und immer wenn es Politiker gab, die mal etwas gegen diese Entwicklungen sagten, wurden sie im besten Fall mit „ach, uns geht es doch gut“ignoriert, im schlimmsten Fall wurde ihre politische Karriere von den großen Volksparteien schlicht nicht weiter vorangetrieben und sie verschwanden von der großen Bühne. Jahrelang war das dem Volk in den meisten Fällen vollkommen egal, es hat über sein Verhalten diese Entwicklungen sogar noch legitimiert und Machtstrukturen noch verstärkt und verfestigt, weil man immer wieder die selben Leute in die mächtigsten Positionen gewählt hat.

Die Verdrossenheit ging trotzdem weiter, wurde an Stammtischen, im Freundeskreis, unter Arbeitskollegen usw. geäußert, es wurde viel gemeckert, viel über die da oben geschimpft und bei der nächsten Wahl, wurden wieder die gleichen Parteien mit den notwendigen Mehrheiten ausgestattet oder noch besser, man ging gar nicht mehr wählen, bringt ja eh nichts.


Die Mehrheit entscheidet

Aber jetzt passiert plötzlich etwas, etwas wirklich „weltbewegendes“ und nun fällt dem Volk plötzlich sein eigenes Fehlverhalten auf die Füße, man wollte keine Veränderungen, man wollte die bekannten Gesichter weiterhin haben und die Mehrheit der noch zur Wahl gehenden tat das, was sie immer taten, sie wählten die „Volksparteien“ und gingen wir immer auf eine vermeindliche „Nummer sicher.“

Demokratie ist eine Hoffung gewesen und viele Menschen haben sich mehr erhofft, als das was sie nun erleben dürfen. Seit Jahrzehnten werden wir von Anwälten, Wissenschaftlern und Pädagogen regiert, seit Jahren gibt es kaum echte Volksvertreter in der Politik, den einfachen Industriearbeiter, Müllfahrer, Elektriker, Maler, Künstler, Musiker, etc. sucht man in der Auflistung der im Bundestag vertretenen Berufe eher vergebens. Die Hoffnung einer wahren Volksregierung vom Volk, für das Volk wurde enttäuscht und das sogar von denjenigen, die es mal in die oberen Ränge geschafft haben. Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder stammte aus normalen Verhältnissen, einer Arbeiterfamilie und schaffte es ins höchste Amt der Bundesrepublik, doch statt sich seiner Wurzeln zu besinnen, besann auch er sich lieber der Macht und dem Geld.

Aber das heißt noch nicht, dass wir jetzt in einer Diktatur leben, das heißt nur, dass sich die Demokratie in eine Richtung entwickelt hat, die einem vielleicht nicht gefällt, mir auch nicht! Ich bin enttäuscht von der Politik, enttäuscht von der Entwicklung, enttäuscht von Lobbyismuspolitik und von der Tatsache, dass Macht immer korrumpiert, wenn man sie zu lange hat. Enttäuscht von denjenigen, die Frau Merkel zu so einer langen Kanzlerschaft verholfen haben und nichts aus der Ära Kohl gelernt haben, die noch nicht so lange vorbei ist.

Demokratie heißt halt leider, dass die Mehrheit entscheidet und sich der Rest dieser Entscheidung unterordnen muss, so lange bis man die Möglichkeit hat, das in einer freien Wahl zu ändern! So lange, bis man selbst mal aktiv wird und versucht etwas zu ändern, dazu bedarf es aber dem Willen der Veränderung und dem Mut auch mit Rückschlägen konfrontiert zu werden!

Diese Abhängigkeit von der Mehrheit ist die Schwäche der Demokratie und der Grund, warum es die schlechteste Regierungsform ist, denn die Minderheit kann im Zweifelsfall aus 49% der Gesamtmasse bestehen und das sind bei 83.000.000 Menschen in einem Land wie unserem schon eine Menge Menschen, denen die Mehrheitsentscheidung nicht gefällt. Doch anders als in der so oft beschworenen Diktatur, hätte man in einer Demokratie zumindest noch ein paar Möglichkeiten sich juristisch zu wehren, sich über Demonstrationen, Petitionen oder ähnliche Dinge Gehör zu verschaffen, eine eigene Partei, Interessenvertretung, einen Verband zu gründen und so zu versuchen, einen Gegenpol aufzubauen und so eine Veränderung der politischen Entscheidung herbeizuführen. Das ist langwierig, das geht nicht sofort, aber in einer Demokratie geht so etwas und in einer Demokratie sind Entscheidungen aus gutem Grund langwierig.

Im schlimmsten aller Fälle könnte man eine Demokratie sogar verlassen, denn auch das steht jedem frei, der sich mit den Entscheidungen der Mehrheit nicht wohlfühlt. Man hätte die Freiheit zu gehen, nur eine Freiheit hat man eben nicht, man hat nicht die Freiheit immer nur das zu machen, was man selbst will, das wäre Anarchie und nicht Demokratie!

Zeit für echte Reformen

Vielleicht wäre es also Zeit über eine Reformation unsere Art der Demokratie zu sprechen, vielleicht wäre es an der Zeit dem Volk selbst wieder mehr Macht zu geben, es mehr einzubinden, bei der Zusammensetzung der Volksvertreter darauf zu achten, dass diese Volksvertretung einen Querschnitt der Bevölkerung wiederspiegelt, vielleicht wäre es an der Zeit die Regierungszeit noch einmal zu überdenken, den Hauptberuflichen Politikern sämtliche Nebentätigkeiten zu verbieten, Ihnen Aufsichtsratstätigkeiten oder ähnlich Dinge zu untersagen, vielleicht sollten wir über ein Verbot von Lobbyismus nachdenken und Politik stärker von den Interessen einzelner Unternehmen trennen.

Als man unsere Demokratie in Deutschland begründete, hatten wir gerade zwei Kriege hinter uns, man hatte Angst vor einer Wiederholung, man baute Sicherheiten ein, Kontrollmechanismen und Verschachtelte alles. Es war aber auch eine Zeit in der die „Arbeit“ und damit das Volk in seiner Masse noch Macht hatte, eine Zeit in der man mit der Macht des Volkes noch Druck ausüben konnte.
Die immer stärkere Globalisierung, die immer stärkeren Vernetzungen, die Abhängigkeiten, aber auch die Möglichkeiten der Industrie und der Wirtschaft sich weltweit zu bewegen, mehr über Maschinen zu arbeiten, zu Automatisieren und auch zu verschieben, hat eine vollkommen andere gesellschaftliche Basis geschaffen, an die man die Regierungsform anpassen muss!

Solche Reformprozesse werden jedoch nicht von denjenigen gestartet, die an der Macht sind, nicht von denen, die in Amt und Würden sind, nicht von denen, die Parteiposten bekleiden und diese nicht verlieren wollen. Systeme reformieren sich nicht aus sich selbst heraus. Solche Prozesse werden nicht in facebook Gruppen erzwungen und auch nicht an Stammtischen.
Solche Prozesse erzwingt man auf der Straße oder im politischen Kampf und mit neuen Parteien, neuen Ideen, neuen Gesichtern. Solche Prozesse können auch wehtun und werden in der Regel nicht ohne Konflikte mit den Regierenden, der bequemen Mehrheit und ggf. mit den gesetzlichen Mögilchkeiten der Regierenden geschehen. Es braucht dazu Menschen mit Überzeugungen, die für diese Überzeugungen eintreten, auch gegen den Widerstand der Regierenden.

Und jetzt zensieren sie auch noch das Internet…

Noch so ein spannender Punkt, die Meinungsfreiheit wird eingeschränkt, weil „das Internet“ zensiert wird und deswegen kann man seine Meinung ja nicht mehr offen sagen.
Fakt ist, dass facebook, twitter und Co. gezielt gegen alles vorgehen, was ihrer Meinung nach eine Falschinformation oder auch Aufrufe zu Gewalt darstellt. Damit zensieren sie natürlich Teile der Beiträge und verhindern deren Verbeitung und das gefällt mir auch nur bedingt!
Das machen sie allerdings auch nicht ganz freiwillig und zugegebenermaßen sind die Algorhythmen im Bezug auf Faktenchecks auch noch nicht sonderlich gut ausgereift. Da werden dann schonmal Postings gelöscht oder Gruppen geschlossen, bei denen man aus seiner Sicht eher von freier Meinungsäußerung und weniger von gezielter Verbreitung von Fehlinformationen reden kann.
Wahr ist auch, dass das jetzt zu Corona-Zeiten ein wenig mehr auffällt, weil zur Zeit halt alles, was mit Corona zu tun hat auffällt. Wahr ist aber auch, dass es tatsächlich jede Menge falscher Informationen, Meinungsmachen und KI-Bots auf diesen Plattformen gibt, die gezielt Mist verbreiten und irgendwo muss man da mal anfangen. Nur handelt es sich dabei nicht um Zensur, sondern um die Geschäftspolitik von wirtschaftlich orientierten Großunternehmen, die ggf. auch für die Verbreitung und das nicht Verhindern von Fehlinformationen haftbar gemacht werden können.

Aber abgesehen davon, wenn man jetzt facebook, ein amerikanisches Wirtschaftsunternehmen, das eine social media Plattform betreibt, die sich aus Werbemaßnahmen und Datenverkauf finanziert, als leuchtendes Beispiel für frei Meinungsäußerung sieht, dann ist entbehrt das nicht eine gewissen Komik.
Natürlich ist es bequem geworden auf einer solchen Plattform seine Meinung zu äußern, sie in Gruppen zu posten und schnell zu verbreiten, man erntet viel Zustimmung, bekommt Likes und darf sich dem Gefühl hingeben, dass viele Menschen der gleichen Meinnung sind.
Gut, blenden wir mal aus, dass die Algorhythmen einem auch nur Dinge hervorheben, von denen der Computer auf Grund des Posting, Like, Surf und Einkaufsverhaltens weiß, dass sie von Interesse sein werden und man so immer in seinem eigenen, immer enger werdenden Dunstkreis postet und liest. Man liest etwas, liked es, bekommt einen ähnlichen Beitrag gezeigt, liked den auch, repostet ihn und der Algorhythmus sucht dann schonmal den nächsten ähnlichen Beitrag heraus, den man hervorgehoben gezeigt wird: „Guck mal, Deine Freunde mochten das hier…“ usw. am Ende der Kette sieht man nur noch das, was man sehen will und der Dunstkreis ist perfekt. So geht dann Meinungsfreiheit im Jahr 2021, auch wenn das nur wenig mit Freiheit zu tun hat.

Fakt ist, in Deutschland ist das Netz nicht zensiert, ein amerikansicher Konzern entscheidet im Rahmen seiner Möglichkeiten darüber, was er schreiben und veröffentlichen will und darüber, was er wieder löscht. Das hat nichts mit einer generellen Zensur im Netz zu tun!
Ihr wollt Eure Meinung verbreiten, dann tut das, schreibt einen Block, gründet eine Internetzeitung, eröffnet eine eigene Webseite, auf der ihr Mitstreiter um um herum versammelt und niemand wird das mal eben zensieren. Vielleicht wird Euch irgendwann mal der Verfassungsschutz überwachen, um zu prüfen, was ihr da so macht, aber bis zu einer wirklichen Zensur ist es ein weiter Weg.
Ihr müsst Euch aber auch darüber im Klaren sein, dass man juristisch für das belangt werden kann, was man schreibt! Ihr müsst dann Farbe bekennen, Gesicht zeigen und könnt Euch nicht hinter einem annonymisierten Social Media Profil verstecken, denn auch im Internet und beim Betreiben von Internetseiten gelten Regeln und Gesetze. Das Netz ist halt kein vollkommen rechtsfreier Raum und das ist auch gut so!

Zensur findet hier nicht wirklich statt, wer ein zensiertes Netz sehen möchte, möge eine Reise nach China machen, sich in ein öffentliches Café setzen und mal schauen, welche Interentseiten er so erreichen kann. Das ist Zensur im Netz.


Nein, ich bin nicht zufrieden mit dem Ist-Zustand

Wer mich kennt und vielleicht einige meiner Artikel gelesen hat, der weiß, dass ich alles andere als zufrieden mit der Situation in unserem Land bin. Ich fühle mich in vielerlei Hinsicht nicht mehr gut von der Politik vertreten, habe meine Probleme mit dem Parteienklüngel, sehe es skeptisch, wie bei uns politische Karrieren gemacht werden und was nach dieser aktiven Zeit in der Politik passiert.

Für mich bietet die Politik heute zu wenig, sie verwaltet, hält sich an der Macht fest, traut sich keine Reformen zu und lässt sich zu oft von der Wirtschaft ins Handwerk pfuschen, das Totschlagargument „dann gehen wir halt ins Ausland“ ist schlicht zu einfach und wird zu schnell akzeptiert.

Ich bin auch nicht zufrieden mit der Art, wie in unserem Land mit Bildung umgegangen wird, finde es unmöglich, wie man mit Kindern umgeht oder welche Erwartungshaltung man an die Menschen inzwischen hat. Man soll doch bitte flexibel sein, ständig bereit der Arbeit hinterherzurennen, umziehen, wenn nötig, etc. Ich finde es unmöglich, dass man die Menschen mit solchen Ansprüchen entwurzelt, keine Sicherheiten oder Planbarkeiten mehr bietet und sich immer hinter der Wirtschaft versteckt.

Ich bin ein Kritiker der Corona-Maßnahmen, der Planlosigkeit der Verantwortlichen, die uns auch noch über ihre Propagandamaßnahmen ihre unglaublich unstrukturierte Arbeitsweise, ohne Perspektive und ohne wirkliche Vorrausschau, als tolle Maßnahmen verkauft. Millionen für Imagekampagnen fürs zu Hause bleiben und nichts tun, für AHA Regeln, fürs Impfen und was noch alles kommen wird ausgibt, aber keine wirklichen Konzepte entwickelt bzw. in der Vergangenheit trotz des Wissens einer solchen Gefährdung entwickelt hat. Was ihre Aufgabe gewesen wäre und immernoch ist.

Es erschreckt mich zu sehen, wie wenig Fingerspitzengefühl gezeigt wird und wie viel Polarisierung von unserer politischen Führung ausgeht, wie sehr Strafen, Druck und Angst genutzt werden, um Kontrolle auszuüben und das nur, weil man nicht in der Lage ist sachlich und ehrlich zu argumentieren.


Grundrechte sind nicht verhandelbar

Das Grundgesetzt steht in seinen ersten 20 Artikeln über allem in unserem Land und diese Grundrechte stehen jedem Bürger zu, jedem! Nicht ohne Grund haben die Verfasser damals als abschließenden Satz des 20. Artikels eingefügt:

„Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ (Artikel 20 GG)

Dieses Passus gilt auch heute noch und sichter ein Recht zum Widerstand zu, wenn alle anderen demokratische Möglichkeiten ausgeschöpft sind und dieser Passus ist nicht auf Parteien beschränkt, sondern bezieht sich auf alle Deutschen, auf jeden einzelnen Bürger als Individuum. Keine Regierung hat das Recht und die Legitimation grundlegende Rechte, wie sie in den ersten 20 Artikeln festgelegt werden dauerhaft außer Kraft zu setzen, kein Richter hat das Recht ein solches Aussetzen dieser Grundrechte per richterlichem Beschluss zu legitimieren. Wenn ein Gesetz gegen das Grundgesetz steht, dann ist es nicht gültig! Wird es trotzdem für gültig erklärt, würde die beschrieben Ordnung des GG beseitigt werden, dies gilt so lange, bis das Grundgesetz an dieser entscheidenden Passage geändert werden würde, allerdings schließt genau diese Passage eine Änderung aus, sie ist in Beton gegossen und unveränderbar.

Grund für diese Unveränderbarkeit waren die Lehren, die man aus der NS Zeit gezogen hatte, man wollte keinem Regime jemals wieder die Möglichkeit bieten, sein Handeln auf scheinbar juristisch sicheren Boden zu stellen.

Das Grundgesetz entstand nicht in luftleerem Raum, es entstand nicht ohne ein Vorgeschichte und es entstand auch nicht ohne das Wissen von Katastrophen, Kriegen und Pandemien. Es entstand mit all diesem Wissen, es entstand wohl überlegt und ich bin schockiert darüber, wie man heute die Grundrechte zur Diskussion stellt und sie auch noch als Privilegien bezeichnet, die man wie einen Orden verteilen kann.


Die nahe Zukunft – Die Wahlen

Für mich sind die nahenden Bundestagswahlen eine der spannendsten der letzten Jahrzehnte, noch nie war ich so gespannt auf die Entscheidung der Mehrheit und die Verteilung der Macht, noch nie war ich so gespannt darauf, welche Kanninchen die Regierungsparteien im Wahlkampf aus dem Hut zaubern, aber vor allem habe ich noch nie zuvor darüber nachgedacht, ob es jemals in Deutschland eine Regierung geben wird, die versuchen könnte eine Bundestagswahl zu verhindern und erschreckender Weise gab es in den letzten Wochen Politiker, die laut darüber nachgedacht haben, ob es nicht sinnvoller wäre, die Bundestagswahl 2021 auszusetzen und zu verschieben. Bisher scheinen diese Feinde der Demokratie aber tatsächlich eher wenig Gehör zu finden, denn auch der Abstand zwischen zwei Bundestagswahlen ist im Grundgesetz geregelt, ein Aussetzen wäre tatsächlich ein weiterer Sargnagel für das Politikverständnis.

Die entscheidende Frage wird also sein, was passiert bei der kommenden Wahl? Wird die Mehrheit – wie es derzeit in den Umfragen heißt – wirklich die Arbeit der Regierung guheißen und durch ihre Stimmenabgabe legitimieren? Und was bedeutet das dann für diejenigen, die dann der Minderheit angehören? Nehmen sie das so hin, regen sich auf, diskutieren an Stammtischen und in facebook Gruppen oder wird sich echter Widerstand regen? Vielleicht verlassen auch viele schlagartig das Land, nach dem Verlust von Perspektive, Job und Zukunft, wäre auch das ein legitimer Weg in einer Demokratie.


Braucht es wirklich wieder brennende Straßen?

Es ist erstaunlich ruhig auf unseren Straßen, erstaunlich ruhig in der Jugend, erstaunlich ruhig bei allen, die derzeit um ihre Arbeit, ihre Existenz, ihre Zukunft bangen. Ich bin mir nicht sicher, ob es Bequemlichkeit oder wirklich nur die Ruhe vor dem Sturm ist.
Sind wir an einem Punkt angekommen, wo es erst eine neue RAF (mit anderen Zielen) braucht, an dem es wieder Chaostage, brennende Straßen, Maiaufstände und Gewalt braucht? Oder schaffen wir es die Spaltung in unserer Gesellschaft wieder reparieren und zueinanderzufinden? Ich würde mir letzters Wünschen! Momentan bin ich aber skeptisch und frage mich, ob meine Tochter zu einer Generation gehören wird, die offene Gewalt auf der Straße, Kaufhausbomben, Schießereien und Attentate, wie in den 1980ern doch noch einmal erleben wird. Als Kind der 1980er und Jugendlicher der 1990er, hatte ich gedacht, dass wir weitergekommen wären.

Doch allein die Tatsache, dass ich diese Meinung offen vertreten kann und mir keine Sorgen darüber mache, dass morgen der Verfassungschutz bei mir klingelt, mich abführt, meiner Familie entreist und meiner Familie ggf. nicht einmal sagt, wo ich bin, zeigt deutlich, dass wir noch immer nicht in einer Diktatur leben.

Ich gehe auch davon aus, dass dieser Artikel auch in ein paar Tagen oder Wochen noch auf meiner Seite stehen wird und dieser Blog weiterhin besteht und nicht zensiert wird. Noch darf ich meine Meinung frei äußern, aber nirgends steht geschrieben, dass mir das Recht zusteht, das auch in den sozialen Netzwerken, die von Wirtschaftsunternehmen betrieben werden tun kann, es sind ihre Seiten, sie legen ihre Regeln fest und wer mitspielen will, muss sich halt an die Regeln halten. War schon im Kindergarten so.

Ich werde angefeindet für meine Meinung, ich werde angegriffen für meine Kritik, man beschimpft mich und teilt mich irgendwelchen Gruppen zu, ohne sich mit mir auseinanderzusetzen, aber auch das ist halt Teil der Freiheit, ich kann sagen was ich will, aber ich kann nicht erwarten, dass das jedem gefällt und ich muss halt auch mit Gegenmeinungen rechnen. Leider ist das mit den Gegenmeinungen in den letzten Jahren weniger geworden, stattdessen geht man lieber zu Beleidigungen und Verleumndungen über, das ist halt einfacher, geht schneller und man muss das eigene Denken nicht so anstrengen.

„Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe“

Winston Churchill

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